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provacant KUNSTAND 2002 - 10 Künstler beziehen Stellung Kyung-Hwa Choi-Ahoi / Daniel Ben-Benyamin / Markus Draese / Pierre Fischer / Christian Gieraths / Harriet Groß / Bettina Kohrs / Ivo Lucas / Chen Yun Wang / Max Sudhues Vernissage: 14. Dezember 2002 18 Uhr Ausstellungsdauer: 17.12.-8.02.2003 Öffnungszeiten: Di-Fr 13-20 Sa 11-19 Uhr u.n.V. KUNSTSTAND 2002. Das erste vollständige Jahr hat die Galerie ART&HENLE hinter sich und präsentiert erstmalig einen Teil ihrer Künstler im Überblick. Gemeinsam nehmen diese Stellung zum Titel provacant: Ob für, anstatt, frei, leer, unbebaut oder provozierend, reizend: unterschiedlichste Möglichkeiten der Stellungnahme in Bezug auf den Titel gibt es in jedem Fall. Eine Installation von Max Sudhues aus Alltagsgegenständen, die zu einem Gefängnis mit Aussicht verbunden werden, Fotografien menschenleerer Räume aus Bukarest von Christian Gieraths, Schwimmer ohne Wasser von Chen Yun Wang, traumhafte Fantasiesequenzen auf Papier und Video von Kyung-Hwa Choi-Ahoi, Waffen von Daniel Ben-Benyamin oder Cutouts von Harriet Groß sind Beispiele der verschiedenen künstlerischen Positionen. Daneben zeigen wir Malerei, Zeichnungen und Graphik von Markus Draese, Pierre Fischer, Bettina Kohrs und Ivo Lucas. Kyung-Hwa Choi-Ahoi berichtet durch ihr zeichnerisches Tagebuch von Menschen, Orten und Situationen. Sie zeigt mittels den Grundelementen der räumlichen Darstellung - Punkt, Linie, Fläche, Kontrast, Strukturen, Farbe, Formen und Buchstaben - spielerisch einen unendlichen Kosmos der Darstellung. Auch mittels von Objekten, Raum und Licht spielt sie mit den möglichen Arten der Wahrnehmung. Oft irritierend, indem sie durch die konzentrierte Nutzung und Verkehrung der Wirkung von Linie, Fläche und Farbe Materie und Raumvorstellungen auflöst. Die Sprache findet Eingang in ihre Zeichnung, aber auch in ihre Rauminstallationen und Videos. Leichfüßig wie mit ihrem Stift und der entstehenden Linie spielt sie mit den Worten, betont, formt und verbindet sie neu zu Sätzen, die fremdartig wirkende Zwischenräume öffnen. Daniel Ben-Benyamin widmete sich in den letzten Jahren den Maschinen und ähnlichen Objekten des Produktionsprozesses im technischen Alltag. Neben der Detailtreue ist in seinen Maschinenbildern eine neue Welt zu entdecken. Durch Ben-Benyamins besondere Wahl von Licht und Schatten, kräftiger Farbe und Kontraste, durch die Größe und verfremdende Perspektive und die dichte Komposition werden diese unbeachtlichen technischen Gerätschaften zu von ihrer Funktion losgelösten, magisch-entrückten, absurden technischen Landschaften. Ben-Benyamin schärft die Wahrnehmung für diese Objekte, ihr Eigenleben und erhebt sie hierdurch fast in den Stand der Ikone. Zwar erwähnt er den auf ungestörte Funktion und Perfektion ausgerichteten Charakter dieser Maschinen, doch macht er uns dabei aber nichts vor. Die geordnete, idealisierte Struktur der Maschine bricht Ben-Benyamin mehr und mehr mit der gleichzeitigen Erwähnung Ihrer Vergänglichkeit: Er zeigt uns auch ihren Rost in Folge der Einwirkung der Zeit; den Verschleiß, die Brüche, die Kratzer und Makel. Ben-Benyamin stellt der Ordnung das Chaos, dem Ideal die Wirklichkeit, dem Wunsch nach Unsterblichkeit den Zerfall gegenüber. Durch seine analytische Blickschärfe und nüchterne, objektive Darstellung zeigt uns Ben-Benyamin die Mehrschichtigkeit der modernen, technischen Wirklichkeit. Markus Draese ist Maler der Gegenwart mit einer Liebe für die Klassiker. Neben seinen oft großformatigen Ölbildern von öffentlichen Räumen wie Cafehäusern und Bars entstanden in den Jahren auch etliche Zeichnungen in Skizzenbüchern oder auf kleinen Blanko-Karteikarten: akribisch genaue Zeichnungen von Menschen in Räumen, Landschaften oder architektonische Situationen, ebenso aber auch virtuose und schwungvolle, fast abstrakte, rhythmische Andeutungen eines Momentes. Daneben hält Markus Draese auch mittels der Fotografie gleich einem Tagebuch die vorgefundenen Raumsituationen fest, mit ihrem Licht, Farbklängen, Spiegelungen, der Raumatmosphäre, den Linien und dem Flächenspiel. Dies sind atmosphärische Räume mit unbeachteten Ecken, Menschen in alltäglichen Situationen, mal allein und isoliert, mal als Personengruppen in ihrer vertrauten Umgebung: zu Hause, im Kaffee oder in ihrer Lieblingsbar. Man erlebt einen Blick auf die Menschen unserer Zeit, einen Ausschnitt aus der Welt, in der dieser lebt, dem Raum und Licht, dass ihn umgibt. Der Betrachter ist unbemerkter Zuschauer, mal mit Distanz von Weitem, mal hautnah dabei. Pierre Fischer arbeitet mehrschichtig mit Öl, Acryl und Fotocollage. Die Bilder setzen sich aus fragmentarischen Sequenzen zusammen, abbildhaften und formal-abstrakten. Er zeigt menschliche Haltungen und Bewegungsstadien, Transformationen, verzerrte, verstümmelte Körpervisionen auf lyrisch vielschichtigen Erzählebenen. Seine Bildcollagen von Menschen in linearen und flächigen Formengebilden haben eine rätselhafte Dynamik. Alltagsrequisiten in architektonischen Räumen neben natürlichen Landschaften formulieren das Bühnenbild, in dessen Zentrum man immer wieder mit dem Mensch konfrontiert wird. Mal fragmentarisch in reiner Form, mal als modellierte psychische Seelenstudie. Christian Gieraths fotografiert Orte und Objekte, die Spuren der Geschichte und des jetzigen Seins sind. Der Mensch präsentiert sich spürbar in der Raumarchitektur, in den Interieurs mit ihren Details und der metaphernreichen Darstellung von Durchgängen, Durchblicken und Licht. Gieraths architektonische Innenansichten, Innenräume grenzen ab vom Außen der Welt. Gegenwart wird Geschichtsdokument durch die Darstellung der Architektur, ihrer Inneneinrichtung und dessen Zustandes. Innenansichten - Räume, Stühle, Interieur - dienen als Dokument der Gesellschaft. Der verweigerte Blick nach außen - geschlossene Türen, lichtdurchflutete Fenster, den Ausblick versperrend, sind Sinnbild des Hier und Jetzt, führen zur Selbstbesinnung und wecken Sehnsucht nach der Außenwelt, Hoffnungen auf die Zukunft. Harriet Groß beschäftigt sich mit der Wahrnehmung unserer Außenwelt. Sie arbeitet mit dem Material Papier. Nach konstruktivistischen Zusammenfügungen von geometrisch geformten farbigen Papiersorten in Kombination mit der Fotografie, die sie auf Holzplatten mit Sprache auf ihren tableaux verband, ist jetzt Papier einziger Darstellungsträger. Sie schneidet Teile aus und kreiert so neue Formen und Räume. Ihre cuouts setzt sie an der Wand mittels eines architektonischen Raumkonstrukts aus schwarzen Schnüren in Zusammenhang und schafft hierdurch eine räumliche Erzählform auf verschieden Ebenen, mittels der sie von Seh- und Wahrnehmungserfahrungen, menschlichen Beziehungen und dem Verhältnis Mensch zur Außenwelt berichtet. Bettina Kohrs erzählt von Menschen und ihren intimen Beziehungen. Weniger geht es ihr in ihren Darstellungen um einzelne Wesenszüge oder Charaktermerkmale als um die Ausstrahlung ihrer einzelnen Figuren und ihrer Leidenschaft. Sie spielt gleich einem Marionettenspieler mit den Körpern der Protagonisten, setzt sie in Bewegung, nebeneinander, untereinander, übereinander, arrangiert Zusammentreffen, Berührungen und Bindungen. Sie spielt mit deren Kleidung, mit fein gewebten, leichten Stoffen und samtigen Tüchern, zieht sie an und wieder aus. Sie lässt ihre Figuren erzählen: mit ihren Händen und Füßen, mit ihrer Haut und ihrem Haar. Durch unterschiedliche Farbklänge, Formen und ornamentale Muster bettet sie ihre Akteure in eine Welt unterschiedlicher Stimmungen, mal erhoben, mal gedrückt. Es entstehen sinnliche Körperdialoge, eine Sprache der Emotionen und Spannungen, die von Freundschaft und Zuneigung erzählt, die möglichen Abweisungen und Enttäuschungen aber nicht auslässt. Ivo Lucas ist mit seiner Malerei Forscher und Entdecker der assoziativen Darstellungsmöglichkeiten von Raum, Zeit, Kultur und Gedankengut und derer Verbindung. Er nutzt seine Materialerkundungen - u.a. Pigmente, Kreide, Ölfarbe und Lack - für eine vielfältige, dem Sujet entsprechende Überlagerung der Erzählebenen. Menschen, ihre Kultur und Konventionen, Historie und Raum und deren Beziehungen sind seine Themen. Er zitiert und verbindet historische Elemente mit neuzeitlichen zu einer surrealen Erzählung, die fesselt, Fragen aufwirft und nachdenklich stimmt, dabei faszinierend schön anzusehen ist, ohne nicht oft auch irritierend bluternst zu sein. Max Sudhues verwirrt mit seinen Objekten und Installationen. Er spielt mit den Sinnen, Gefühlen und Assoziationen. Indem er Alltagsobjekte kombiniert, bewegt und beleuchtet, z.T. akustische und visuelle Techniken mit einbezieht, kreiert und thematisiert er assoziativ soziale und kulturelle Inhalte. Er baut Geschichten, erzählt sie mal leise, mal laut, und fordert so Augen, Ohren und Geist heraus, aufmerksam zu sein. Chen Yun Wang ist ein Maler der wesentlichen Elemente. Er nutzt das Element Wasser der Acrylmalerei, um den Menschen und sein Umfeld, das Sein mit den Aspekten des inneren Rhythmus, der Bewegung und ihrer Klänge, den Herzschlag der Dinge zu zeigen. Alltagssituationen, Mensch und Natur sind seine thematischen Inhalte seiner Bilder, die philosophischen Antworten gleich vom Prinzip des Lebens berichten. Seine neuesten Arbeiten sind ein konzentrierter Blick auf den Menschen im Raum, umgeben von den Elementen Luft und Wasser. Seine Malerei ist virtuos und lebendig, der Strich ist Materie gleich einer Skulptur, seine Bilder pulsieren. |
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